Kuratorium "Gedenkstätte-Ernst-Thälmann" e. V., Hamburg


Home Termine Aktuelles Unsere Ausstellung Rundbriefe aus der GET Broschüre: BVG-Streik 1932 Impressum und Kontakt

1: Eine Führung durch die Gedenkstätte Ernst Thälmann

Unsere Ausstellung berichtet über die politische und gewerkschaftliche Arbeiterbewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und versucht Einblick zu geben in Ursachen und Hintergründe des deutschen Faschismus und des Zweiten Weltkrieges.
In 32 Vitrinen und auf 34 Tafeln werden über 500 Exponate gezeigt: Schrift- und Bilddokumente, zeitgenössische Zeitungen, Zeitschriften, Plakate, Fahnen, Abzeichen, eine Uniform des Roten Frontkämpferbundes u. a. Gegenstände.
Geschildert wird die Entwicklung des Hamburger Transportarbeiters Ernst Thälmann vom jungen Sozialdemokraten und Gewerkschaftsfunktionär zum Vorsitzenden der KPD und Repräsentanten der Kommunistischen Internationale, sein Auftreten als Bürgerschafts- und Reichstagsabgeordneter, als Initiator der Antifaschistischen Aktion und sein Kampf als Gefangener Hitlers bis zu seiner Ermordung im KZ Buchenwald.
In der Abteilung über Widerstand und Verfolgung in Hamburg begegnen den Besucherinnen und Besuchern Schicksale von Männern, Frauen und Jugendlichen, die gegen Hitler und Krieg ihr Leben einsetzten, und Zeugnisse ihrer Tätigkeit wie ein Abziehapparat, Flugblätter, illegale Zeitungen, Tarnschriften zusammen mit Schutzhaftbefehlen der Gestapo, Todesurteilen der Nazijustiz, letzten Briefen, Dokumenten aus Neuengamme und aus anderen Konzentrationslagern.



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Aufnahme vom Eckhaus Tarpenbekstrasse 66 in Hamburg-Eppendorf Ende der 20er Jahre.
Die Familie Thälmann lebte hier ab 1929 in einer Wohnung im zweiten Stock (links im Bild).

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Möbel aus der Hamburger Wohnung Thälmanns aus seinem Nachlass.


2: Vitrine I
Elternhaus, Kindheit und Jugend

Ernst Thälmann wurde in der wilhelminischen Ära zur Zeit der Bismarckschen Sozialistengesetze geboren: 1886 kam er in der Hamburger Altstadt am Alten Wall 86 zur Welt. Seine Eltern Jan und Maria Thälmann zogen in den Stadtteil Eilbek und übernahmen dort ein Gemüse-, Steinkohlen- und Fuhr-werksgeschäft, in dem Ernst und seine Schwester Frieda von jung auf, mithelfen mussten. Die Eltern waren parteipolitisch nicht organisiert; im Unterschied zum Vater war die Mutter tief religiös. Thälmanns Schulbesuch begann 1892 in der Volksschule Kantstraße in Eilbek. Seine Lieblingsfächer waren Geschichte, Geographie, Naturkunde, Mathematik und Turnen. 1899 wechselte er zur Volksschule am Roßberg, um dort die "Selekta" (Abschlussklasse für begabte Volksschüler) zu besuchen. Nach Schul-entlassung und Konfirmation hätte er gern einen Beruf erlernt, aber der Vater bestimmte, dass er weiter im elterlichen Kleinbetrieb mitarbeiten musste. Wie Thälmann in der um 1935 verfassten Niederschrift "Mein Lebenslauf bis zum Eintritt in die KPD" (in: Ernst Thälmann, Zwischen Erinnerung und Erwar-tung, Frankfurt/M. 1977, S. 11 ff.) festgehalten hat, gehörten zu den stärksten Eindrücken seiner Kindheit der Hamburger Hafenarbeiterstreik 1896, der Dreyfuß-Prozess in Frankreich, der Burenkrieg sowie in Hamburg eine Aufführung von Schillers Freiheitsstück "Wilhelm Tell". Ein Schlüsselerlebnis sei die Teilnahme an einer sozialdemokratischen Schulentlassungsfeier gewesen, auf die er durch rote Plakate aufmerksam geworden war. Sie brachte ihn mit gleichgesinnten Jugendlichen zusammen, und er kaufte damals (für 20 Pfennig) seine erste politische Broschüre "Wie werde ich Mitstreiter am Sozialismus?".
Thälmann (markiert mit einem x) unter seinen Klassenkameraden in der Volksschule Kantstraße.

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Thälmann unter den Delegierten des 9. Transportarbeiter- Verbandstages 1914 in Köln


4: Vitrine III
Kanonier an der Westfront

In dieser Vitrine (oben, halblinks) ist eine in der Vorkriegszeit entstandene "Zukunftskarte Europas" zu sehen mit alldeutschen Eroberungszielen: Einverleibung von Gebieten jenseits der Reichsgrenzen im Osten, Norden und Westen.
Im Jahre 1906, als im Reichstag ein weiterer Beschluss zur Vergrößerung der deutschen Kriegsflotte fiel, wurde Thälmann zum Militärdienst nach Schleswig-Holstein einberufen. Auf Hamburger Versammlungen unterstützte er 1913 den Antrag der linken Minderheit (Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Clara Zetkin und 139 andere Delegierte) des Jenaer SPD-Parteitages, dass "alle Gesetzesvorlagen, die zur Stärkung des Militarismus dem Reichstag vorgelegt werden, ... abzulehnen sind". Am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland den Krieg. Drei Tage später bewilligte die SPD-Reichstagsfraktion die Kriegskredite; bei der zweiten Vorlage stimmte Liebknecht als Einziger dagegen.
Kurz nach seiner Heirat mit Rosa Koch musste Thälmann am 15. Januar 1915 in den Krieg. Er kam als Kanonier an die Westfront, erlebte u. a. die Schlachten in der Champagne, an der Somme, den Rückzug von Verdun und wurde dreimal verwundet. Im November 1916 stand er vor dem Kriegsgericht, weil er einem hungernden französischen Kind zu essen gegeben und einen kaiserlichen Offizier hatte abblitzen lassen; wegen Beharrens im Ungehorsam bekam er zwei Wochen strengen Arrest. Bis Kriegsende erhielt Thälmann Schriften der Linken, u. a. den von Liebknecht im Auftrage der Gruppe " Internationale" 1915 verfassten Aufruf "Der Hauptfeind steht im eigenen Land!", ebenso die illegalen "Spartakusbriefe" der 1916 gebildeten "Spartakusgruppe".

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13. Januar 1915: Ernst und Rosa Thälmann an ihrem Hochzeitstag.


5: Vitrine IV
Vorsitzender der USPD Hamburg

Der Aufstand der Matrosen und Heizer der Kriegsmarine in Wilhelmshaven und Kiel 1918 war Auftakt für die Novemberrevolution in Deutschland, mit der die Arbeiter und Soldaten den Krieg beendeten und die Monarchie abschafften. Kaiser Wilhelm II. musste abdanken.
Karl Liebknecht rief in Berlin die "freie sozialistische Republik" aus; der neu gebildete Rat der Volksbeauftragten unter Friedrich Ebert (SPD) forderte bürgerliche Freiheiten, den Achtstundentag und Wahlen zur Nationalversammlung. Vom 30. Dezember 1918 bis zum 1. Januar 1919 fand in Berlin der Gründungsparteitag der KPD mit Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg statt.
Thälmann hatte mit vier Kameraden die Front verlassen und traf am 11. November, dem Tag des Waffenstillstandes, in Hamburg ein., wo Rosa Thälmann inzwischen eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Siemssenstraße 4 besorgt hatte. Er schloss sich der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) an und übernahm im Stadtteil Eppendorf die Funktion des Distriktsführers. Bei einer Massenkundgebung im Februar 1919 auf dem Heiligengeistfeld würdigten Thälmann und Funktionäre der KPD die ermordeten Repräsentanten der Arbeiterbewegung Kurt Eisner (USPD), Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und riefen zum Kampf gegen den konterrevolutionären Terror auf.
Im März 1919 wurde Thälmann als Abgeordneter in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt, im Mai zum Vorsitzenden der USPD Hamburg. Er war Notstandsarbeiter im Hamburger Stadtpark, wieder gewerkschaftlich aktiv und wurde als Mitglied in das Gewerkschaftskartell gewählt. Im Juni 1919 nahm er als Delegierter am Verbandstag der deutschen Transportarbeiter (DTV) in Stuttgart teil.

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Norddeutsche Kandidaten der USPD zur Wahl der Weimarer Nationalversammlung im Januar 1919


6: Vitrine V
Mitglied im Zentralausschuss der VKPD

Im März 1919 hatte in Moskau der Gründungskongress der Kommunistischen Internationale (KI) statt-gefunden. Auf dem Außerordentlichen Parteitag der USPD im Spätherbst in Leipzig unterstützten Thälmann und 110 andere Delegierte den Antrag für den sofortigen Anschluss der Partei an die Kommunistische Internationale, 170 stimmten dagegen.
Beim nächsten Parteikongress der USPD in Halle stimmte die Mehrheit der Delegierten für den Antrag.

Im März 1920 löste der Kapp-Putsch den Generalstreik zur Verteidigung der Republik aus, der die Putschisten hinwegfegte. Als mit dem Überfall Polens auf Sowjetrussland der dritte Interventionskrieg der Ententemächte (England, Frankreich u. a.) begann, entstand die internationale Solidaritätsbewegung "Hände weg von Sowjetrussland!" Im August 1920 verhinderten von Thälmann geführte Hafenarbeiter gemeinsam mit Matrosen und Eisenbahnern, dass ein für den konterrevolutionären Kampf gegen Sowjetrussland bestimmter Waffentransport nach Polen weitergeleitet wurde. Unter maßgeblichem Einfluss Thälmanns beschloss der norddeutsche Parteitag der Bezirke der USPD (Linke) von Wasserkante, Bremen und Schleswig-Holstein sowie der Bezirke Nord und Nordwest der KPD im November die Vereinigung beider Parteien. Der gemeinsame Berliner Parteitag der Mehrheit der USPD und der KPD im Dezember 1920 vollzog den Zusammen-schluss zur "Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands" (VKPD) im Reichsmaßstab.

Die Delegierten wählten Thälmann für den Bezirk Wasserkante in den Zentralausschuss der VKPD. Im Januar 1921 wurde er Vorsitzender der VKPD Hamburgs. Die "Hamburger Volkszeitung", bis 1920 von der USPD herausgegeben, war jetzt Organ der VKPD. Als auf dem nächsten Parteitag 1921 aus dem Parteinamen das Wort "Vereinigte" fiel, wurde sie Zeitung der KPD Wasserkante.

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Thälmann inmitten von USPD-Mitgliedern aus Hamburg-Eppendorf


7: Vitrine VI
Kampf gegen Abbau sozialer und demokratischer Rechte

1921 versuchte die Reichsregierung Errungenschaften aus der Novemberrevolution rückgängig zu machen.
Sie verhängte das Verbot von Streiks gegen Massenentlassungen, steigende Lebenshaltungskosten und Mietwucher, während die Unternehmer die Abschaffung des Achtstunden-Tages verlangten.

Am 23. März richtete die Polizei in Hamburg zweimal gegen Erwerbslosendemonstrationen ein Blutbad an:
An der Ellernholzschleuse gab es vier Tote und 13 Verletzte, am Millerntor starben 22 Menschen und 42 wurden verletzt.

"Arbeiter, auf zum Generalstreik" schrieb das Zentralorgan der VKPD "Die Rote Fahne" am 26. März 1921. Die Kommunistische Partei forderte in einem Offenen Brief die Gewerkschaften, die SPD, USPD, und KAPD zum gemeinsamen Handeln auf. Zum l. Mai rief die VKPD zur Massenkundgebung auf der Moorweide unter dem Motto: "So wählt den Kampf, ihr habt nichts zu verlieren als eure Ketten" auf.

1921 nahm Thälmann erstmals als Delegierter an einem Weltkongress der Kommunistischen Internationale teil. Auf diesem III. Weltkongress der KI in Moskau lernte er Wladimir Iljitsch Uljanow kennen. Thälmann begann mit dem Studium der bereits ins Deutsche übersetzten Schriften Lenins, z.B.: "Der 'linke Radikalismus', die Kinderkrankheit des Kommunismus" und "Staat und Revolution".

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Ernst Thälmanns Reisepass, ausgestellt am 11.Juni 1921.


8: Vitrine VII
Oktober 1923: Bewaffneter Aufstand in Hamburg

Angesichts des allgemeinen Notstandes schritten am frühen Morgen des 23. Oktober 300 Arbeiter zur Selbsthilfe und beschafften sich Waffen durch Überraschungsangriffe auf Polizeiwachen. Die Kampf-gruppen der KPD, die in Barmbek und anderen Stadtteilen von Ernst Thälmann und Hans Kippenber-ger, im Vorort Schiffbek von Fiete Schulze geführt wurden, banden die zahlenmäßig überlegenen Polizeiverbände. Rückhalt fanden die Aufständischen in der Bevölkerung, Frauen brachten Verpflegung und Munition, Arbeitersamariterinnen halfen Verwundeten. Als bekannt wurde, dass der von der Chemnitzer Betriebsrätekonferenz erwartete Beschluss zum Generalstreik nicht zustande kam und der Aufstand im Reich keine Unterstützung fand, traten die Kampfgruppen am 25. Oktober den geordneten Rückzug an.

1923 war Ernst Thälmann Vorsitzender der KPD Hamburg und stellvertretender Vorsitzender des Be-zirks Wasserkante, Hans Kippenberger militärpolitischer Mitarbeiter der Bezirksleitung, Hugo Urbahns Vorsitzender der KPD Wasserkante. Wie viele Kampfgefährten mussten die drei sich seit Ende Oktober vor der Polizei verborgen halten. Nach seiner Verhaftung 1924 wurde Urbahns und anderen Kommunisten der Prozess gemacht. Er erhielt zehn Jahre Festung, musste jedoch 1925 freigelassen werden, da er durch Wahl in den Reichstag die Abgeordnetenimmunität erlangt hatte.

Das Jahr 1923 war gekennzeichnet durch Inflation und Massenverelendung. Die Kaufkraft der Mark fiel rapide:
April: 1 Dollar = 30.000 Mark
Juni: 1 Dollar = 110.000 Mark
Sept.: 1 Dollar = 98.860.000 Mark
Okt.: 1 Dollar = 25.260.000.000 Mark
Nov.: 1 Dollar = 2.100.000.000.000 Mark

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Ernst Thälmann, Hans Kippenberger und Hugo Urbahns


9: Vitrine VIII
Reichspräsidentenwahl 1925

Von 1924 bis 1933 war Ernst Thälmann Abgeordneter des Deutschen Reichstags. Seit 1925 Vorsitzen-der der KPD, kandidierte er im gleichen Jahr erstmals für das Amt des Reichspräsidenten. Im ersten Wahlgang erhielt er 1,8 Millionen, im zweiten Wahlgang 1,9 Millionen Stimmen. Gewählt wurde der ehemalige Chef der Obersten Heeresleitung und kaiserliche Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg mit 14,6 Millionen Stimmen.

Die KPD nutzte den Wahlkampf auch, um die eigenen Reihen zu stärken. "Der Leninist", Informationsblatt der KPD, Bezirksleitung Wasserkante, schrieb im März 1925: "Die Reichspräsidentenwahl stellt die Partei vor neue schwere Aufgaben. Wir haben in unseren Anweisungen wiederholt darauf hingewie-sen, dass es sich bei diesem Wahlkampf in erster Linie um den Ausbau und die Stärkung unserer Organisation handelt. Nur wenn politische Tätigkeit und organisatorische Festigkeit der Partei miteinander verbunden wird, werden wir ein Höchstmaß von Schlagkraft entwickeln können."

Auf einer Sitzung des Zentralausschusses der KPD im Mai 1925 forderte Thälmann eine genauere Analyse der relativen Stabilisierung des Kapitalismus in jener Zeit. Die KPD schätzte später ein, dass mit dem Jahr 1923 die revolutionäre Nachkriegskrise ihr Ende gefunden hatte.

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Ernst Thälmann mit Wilhelm Pieck und Ernst Schneller im Trauerzug für den am 22. Oktober 1925 verstorbenen polnischen Internationalisten Julian Marchlewski.


10: Vitrine IX
Volksbegehren für die Fürstenenteignung

Das Jahr 1926 war geprägt von Massendemonstrationen, Einheitsfrontaktionen und dem Volksbegehren für die Fürstenenteignung. Die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten ermunterte die 1918 gestürzten Könige und Fürsten hohe Entschädigungen zu fordern. Die Reichsregierung wollte ihnen 2,5 Mrd. Mark bewilligen. Dagegen verlangte die KPD im Reichstag die entschädigungslose Enteignung der Fürstenhäuser und mobilisierte unter dem Motto "Keinen Pfennig den Fürsten, Brot und Arbeit dem notleidenden Volk."

Über ein Volksbegehren sollte ein Volksentscheid eingeleitet werden. Auf Grund des Drucks von unten unterstützte auch die SPD das Volksbegehren. Ernst Thälmann und Otto Wels, die Vorsitzenden von KPD und SPD, und der Wissenschaftler René Kuczynski als Vorsitzender des Ausschusses zur Fürstenenteignung unterzeichneten gemeinsam den Aufruf zum Volksbegehren. 12,5 Millionen Wahlberechtigte unterstützten den gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD und KPD. Nach dem Erfolg eines Volksbegehrens musste nach der Weimarer Verfassung ein Volksentscheid durchgeführt werden. Am 20. Juni 1926 stimmten 14,5 Millionen oder 36,4 % für die Enteignung der Fürsten. Doch es reichte nicht.

1927 führte Thälmann Verhandlungen mit SPD-Vertretern in Hamburg, um soziale und demokratische Mindestforderungen in der Bürgerschaft durchzusetzen. Sie blieben ergebnislos.

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Flugblatt Rotes Hamburg

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Bekanntmachung: Volksbegehren Fürstenenteignung


11: Vitrine X
Thälmann im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale

Die Kommunistische Internationale (KI) war 1919 auf Initiative Lenins gegründet worden. Die KI sollte dem Weltimperialismus die einheitliche Front der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung ent-gegensetzen. Fast alle in der II. Internationale zusammengeschlossenen sozialdemokratischen Parteien hatten der Kriegspolitik ihrer nationalen Regierungen im Ersten Weltkrieg zugestimmt. Nach der Oktoberrevolution in Russland bildeten sich aus der revolutionären antimilitaristischen Opposition innerhalb der Sozialdemokratie in vielen Ländern kommunistische Parteien, die in den folgenden Jahren der Kommunistischen Internationale beitraten. Die KI war ein Zusammenschluss von kommunistischen Parteien aus allen Erdteilen, die sich als nationale Sektionen der III. Internationale verstanden. Zwischen den Weltkongressen war ihr höchste Organ das Exekutivkomitee (EKKI).

1926 wurde Ernst Thälmann in Moskau zum stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) gewählt, nachdem er schon vorher in den Länderkommissio-nen des EKKI aktiv tätig war. Die in der Vitrine gezeigten Fotos sind Dokumente über Aufenthalte des KPD-Vorsitzenden in der Sowjetunion, etwa in Leningrad, Charkow und Smolensk.

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Ernst Thälmann auf einer Kundgebung in Leningrad im Sommer 1929.


12: Vitrine XI
Massenbewegung gegen „Panzerkreuzer A

Obwohl die SPD 1928 mit der Losung: „Für Kinderspeisung, gegen Panzerkreuzer!“ die Reichstagswahlen gewonnen hatte, beschloss die von dem Sozialdemokraten Hermann Müller geführte Koalitionsregierung den Bau des Panzerkreuzers A. Das löste Massenaktionen gegen die Wiederaufrüstung Deutschlands aus. Als einzige Partei mobilisierte die KPD für ein Volksbegehren gegen den Panzerkreuzerbau. Über l Million Wähler zeichneten sich ein. Die Zahl der Unterschriften reichte jedoch nicht aus, um einen Volksentscheid zu erreichen; es war zu keiner Einigung zwischen den Arbeiterorga-nisationen gekommen. Der Bau dieses Panzerkreuzers, der alleine 500 Millionen Reichsmark kostete, war der erste einer ganzen Serie von Kriegsschiffen. Unter dem Namen „Deutschland“ leistete der Panzerkreuzer A später seinen ersten Kriegseinsatz gegen die spanische Republik.

12. Parteitag der KPD in Berlin Juni 1929:
Anlässlich der Maidemonstration 1929 richtete die Berliner Polizei unter dem sozialdemokratischen Polizeipräsidenten Karl Zörgiebel ein Blutbad unter den Demonstrierenden an: 31 Demonstranten wurden erschossen und hunderte verletzt. Der 12. Parteitag der KPD schätzte ein, dass die Monopolbourgeoisie immer mehr den Abbau der Demokratie und die Anwendung faschistisch-diktatorischer Herr-schaftsmethoden anstrebte. Die Empörung über den Blutmai trug dazu bei, dass der Parteitag in der Auseinandersetzung mit der reformistischen Politik der Sozialdemokratie nicht genügend zwischen der Führung und den Mitgliedern der SPD differenzierte.

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Thälmann erhält 1929 eine Ehrenurkunde für 25-jährige Gewerkschaftszugehörigkeit.
Später wird er - wie tausende Kommunisten - aus der Gewerkschaft ausgeschlossen.


13: Vitrine XII
Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit, Notstandspolitik

Im Kampf gegen das Elend wurden Visionen von einer besseren Zukunft nicht vergessen. 1931 schrieb Thälmann über ein rotes Hamburg:
„Unser Kampf für ein rotes Hamburg ist nicht von dem allgemeinen Freiheitskampf der deutschen Arbeiterklasse für ein freies sozialistisches Deutschland getrennt. Was würde Hamburg in einem sozialistischen Sowjet-Deutschland bedeuten? Man braucht sich bloß vorzustellen: Wenn der Tag gekommen ist, wo von Wladiwostok am Stillen Ozean bis Brunsbüttelkoog die Arbeiterschaft herrscht, was für eine Macht werden wir dann sein? Unbesiegbar vom Weltkapital! Und welche Rolle wird unser Hamburg in Sowjet-Deutschland spielen? Diese große Hafenstadt mit ihren ausgezeichneten Einrichtungen und bedeutenden Anlagen wird eine einzigartige Stellung im Verkehr Deutschlands mit der Sowjetunion einnehmen. Heute schon, unter dem Kapitalismus, zeigt sich, welche Bedeutung der Sowjethandel für Hamburg hat. In Altona, Langenfelde usw. stehen hunderte Waggons mit Maschinen und Einrichtungen, die für die Sowjetunion bestimmt sind. Sie warten auf die Schiffe.“

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Ernst Thälmann spricht in Hamburg auf dem Ohlsdorfer Friedhof vor dem Denkmal für die Revolutionsgefallenen 1918 - 1920 (Foto, etwa 1930).


14: Vitrine XIII
Programme der KPD 1930/31

Die Programmerklärung zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes, das Bauernhilfsprogramm sowie das Arbeitsbeschaffungsprogramm der KPD entstanden unter starker Einflussnahme Ernst Thälmanns. Unter dem Titel: „Was tut not? Die KPD zeigt euch den Weg!“ schrieb „Die Rote Fahne“ im Mai 1931 zur Begründung des Arbeitsbeschaffungsprogramm: „Viereinviertel Millionen Arbeiter in Stadt und Land leiden unter der Geißel der Erwerbslosigkeit, dem furchtbarsten Zeichen der kapitalistischen Krise. Alle Versprechungen der regierenden Minister auf Arbeitsbeschaffung sind nicht in Erfüllung gegangen. Der Herbst und Winter werden ein gewaltiges, neues Anschwellen der Erwerbslosigkeit bringen. Schon heute sprechen selbst kapitalistische Zeitungen von 6 bis 7 Millionen Er-werbslosen im kommenden Winter. Dazu tritt die steigende Kurzarbeit, die die Löhne teilweise auf die Hungerunterstützung der Erwerbslosen herabdrückt und bereits drei Millionen Arbeiter betrifft.“

SA-Mord an Ernst Henning
In der Vitrine werden Dokumente über den Hamburger Arbeiterfunktionär Ernst Henning gezeigt, darunter sein KPD-Mitgliedsbuch. Henning, 1892 in Magdeburg geboren, von Beruf Former, war Mitbegründer der USPD in Bergedorf. 1919 trat er in die KPD ein. Er gehörte ab 1928 der Hamburgischen Bürgerschaft an. Auf dem Rückweg von einer KPD-Versammlung in Kirchwerder am 14. März 1931 ermordeten SA-Männer Ernst Henning. Auf der Trauerkundgebung auf dem Ohlsdorfer Friedhof sprach Ernst Thälmann.

Angesichts der faschistischen Bedrohung steht der Wahlkampf zur Bürgerschaft 1931 im Zeichen der Losung "Hamburg bleibt rot!" Mit 21,9 Prozent der Stimmen erzielen die Kommunisten ein Rekordergebnis.

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„Die KPD gibt das Signal“, KPD-Plakat von Max Keilson zur Bürgerschaftswahl 1931.


15: Vitrine XIV
Konzernherren und Bankiers finanzieren die NSDAP

15: Vitrine XIV
Konzernherren und Bankiers finanzieren die NSDAP

Seit 1930 führten die Kohlekonzerne jährlich über 6 Millionen Mark an die Nazipartei ab. Nachdem Hitler im Januar 1932 vor führenden Monopolvertretern im Industrieclub Düsseldorf, darunter Krupp, Thyssen, Duisberg und Flick, sein Programm der Unterdrückung der Arbeiterbewegung und zur forcierten Kriegsrüstung erläutert hatte, flossen weitere bedeutende Zuwendungen aus den Quellen der Schwerindustrie in die Kassen der NSDAP. Bei den Wahlen im Juli 1932 konnte die Nazipartei zur stärksten Fraktion im Reichstag werden.

Reichspräsidentenwahlen 1932:

Bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 stellte die KPD Ernst Thälmann als ihren Kandidaten auf. Die SPD hatte keinen eigenen Kandidaten und unterstützte die Kandidatur Hindenburgs - in der Absicht, Hitlers Wahl zum Reichspräsidenten zu verhindern. Grundtenor des Wahlkampfes der KPD war: Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler - wer Hitler wählt, wählt den Krieg. Der im zweiten Wahlgang gewählte Hindenburg übergab neun Monate später Hitler durch die Ernennung zum Reichskanzler die Macht.

Tabelle: Stimmergebnisse in Hamburg
  1. Wahlgang (13. März) 2. Wahlgang (10. April)
Hindenburg 446.054 441.141
Hitler 200.634 238.753
Thälmann 123.879 96.485

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16: Vitrine XV
Hindernisse auf dem Weg zur Aktionseinheit der Arbeiterbewegung

Die faschistische Bewegung hatte 1930 stark zugenommen. Gemeinsamen Aktionen der Arbeiterparteien gegen die faschistische Gefahr standen ideologische Hindernisse entgegen. Die von der KPD verfolgte Linie der Einheitsfront von unten warb um die Mitglieder sozialdemokratischer und gewerkschaftlicher Organisationen und richtete sich mit der von der Mehrheit der ZK-Mitglieder vertretenen These vom „Sozialfaschismus“ scharf gegen die Führung der Sozialdemokratie und des ADGB. Die SPD wurde als soziale Hauptstütze der Bourgeoisie und als Hauptfeind auf dem Weg zur proletarischen Revolution gesehen. Die SPD-Führung ihrerseits sah in den Kommunisten nur rotlackierte Faschisten, Kommunismus sei „nichts anderes als der Faschismus!“ Erst nach dem Machtantritt Hitlers begannen die zerstrittenen Flügel der Arbeiterbewegung ihre Versäumnisse und Fehler zu diskutieren und aufzuarbeiten (vgl. Prager Manifest der SPD 1934 und Beschlüsse der Brüsseler Konferenz der KPD 1935).

Wilhelm Pieck analysierte 1935 rückblickend: „So notwendig es war, dass wir den schärfsten Kampf führten gegen die Politik der Klassenzusammenarbeit der Sozialdemokratie mit der Bourgeoisie, ... gegen den Terror, den die Sozialdemokratie als Regierungsmacht gegen die revolutionären Arbeiter zur Unterdrückung ihrer Bewegung anwandte, so hätten wir doch ... die Veränderungen bemerken müssen, die in dieser Zeit vor sich gingen, in der die faschistische Gefahr immer stärker in den Vordergrund trat. ... Eine Taktik, die zu einer bestimmten Zeit richtig war, wurde auch dann noch fortgesetzt, als die Bedingungen des Kampfes andere wurden. Wir richteten unseren Hauptangriff gegen die Sozialdemokratie noch in einer Zeit, in der wir den Hauptangriff gegen die faschistische Bewegung hätten richten müssen.“

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Auf einer Trauerfeier für den 1932 von der SA ermordeten Genossen Herbert Frahm aus Lunden
versprechen Franz Jacob, KPD (links), und der Reichsbanner-Kamerad Sothmann gemeinsam
gegen den Faschismus zu kämpfen (Foto aus: „Der Rote Stern“, Juli 1932).


17: Vitrine XVI
Antifaschistische Aktion

Die Reichstagswahlen im September 1930 zeigten schlagartig das Anwachsen der faschistischen Massenbewegung. Die Stimmen der NSDAP hatten sich gegenüber 1928 verachtfacht, der Zuwachs in Hamburg fiel noch deutlicher aus. Ernst Thälmann unterbreitete im Mai 1932 dem ZK der KPD den Vorschlag, "eine große antifaschistische Aktion in Deutschland in die Wege zu leiten." In einem Ge-spräch mit 20 SPD-Funktionären bezeichnete er die Antifaschistische Aktion als "ein überparteiliches Sammelbecken für alle zum rücksichtslosen Kampfe gegen den Faschismus gewillten Arbeiter. Sie ist keine Organisation, sondern eine Massenbewegung". Im Rahmen der Antifaschistischen Aktion bildeten sich Einheitsausschüsse und Komitees in Betrieben und Orten. In vielen Städten fanden Kongresse mit Delegierten der Einheitsausschüsse statt. Ein Lagebericht des Reichsministeriums des Innern vom 16. Juli 1932 listete Ergebnisse der Antifaschistischen Aktion auf: "Im ganzen Reiche gehen die praktischen Einheitsfrontaktionen weiter. SPD-Betriebsräte erscheinen als Delegierte ihrer Kameraden in kommunistischen Versammlungen. Sozialdemokraten erscheinen bei den vielerorts veranstalteten antifaschistischen Kongressen der KPD, wenn auch noch nicht in der von der KPD erhofften Zahl."

Am "1. Antifaschistischen Kampfkongress des Bezirks Wasserkante" im Juni 1932 nahmen 1.700 Delgierte teil. Davon gehörten 190 der SPD oder dem Reichsbanner an. Bis zum Dezember 1932 wurden in Hamburg 170 rote Massenselbstschutzstaffeln mit ca. 5.300 Mitgliedern aufgebaut.

Stimmergebnissen der NSDAP bei Bürgerschaftswahlen in Hamburg:

Jahr Stimmen Anteil
1927 9.754 1,50%
1928 14.760 2,15%
131 202.50 26,25%
132 233.750 31,23%


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Broschüre über das Treffen von Ernst Thälmann mit 20 SPD-Funktionären
aus dem gesamten Reichsgebiet am 8. Juli 1932 im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin.


18: Vitrine XVII
Roter Frontkämpferbund (RFB)

In der Vitrine sind eine RFB-Uniform, Abzeichen, Mitgliedsbücher und eine Schalmei zu sehen. Der Rote Frontkämpferbund wurde auf Beschluss der KPD im Mai 1924 in Halle als Wehr- und Schutzor-ganisation gegründet, um klassenbewusste Arbeiter, besonders ehemalige Soldaten, zum Kampf gegen den deutschen Militarismus zu vereinen. Er betrieb antimilitaristische Propaganda und schützte KPD-Kundgebungen. Er war einheitlich uniformiert und trat oft in militärisch formierten Marschkolonnen in Erscheinung. Junge Mitglieder gehörten zur Roten Jungfront, der Jugendabteilung des RFB, einem re-lativ eigenständigen Jugendverband. Die anfangs im RFB entstandenen Frauenabteilungen wurden 1925 zu einer selbständigen proletarischen Frauenorganisation zusammengeschlossen, dem Roten Frauen- und Mädchenbund. Ernst Thälmann war ab 1925 Vorsitzender des RFB. Der RFB hatte bis zu über 150.000 Mitglieder, davon war die Mehrzahl parteilos.

Am 6. Mai 1929 wurde der RFB in Hamburg vom sozialdemokratischen Senat verboten. Vorwand dazu war der Berliner Blutmai gewesen: Der sozialdemokratische Polizeipräsident Karl Zörgiebel hatte ein Demonstrationsverbot vom Dezember 1928 für die Maikundgebungen 1929 in Berlin aufrechterhalten. Dennoch folgten 200000 Menschen dem Aufruf der KPD. Die Polizei eröffnete das Feuer auf die De-monstranten, was zu Barrikadenkämpfen in Neukölln und Wedding führte. Bei dem dreitägigen Poli-zeimassaker wurden 31 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt. Der Hamburger Senat über-nahm die Haltung der Berliner Behörden und verbot den für Pfingsten 1929 in Hamburg angesetzten "Internationalen Frontkämpfertag".

Viele Kommunisten und andere revolutionär Gesinnte erlebten Hausdurchsuchungen und andere poli-zeiliche Verfolgungen. Die kommunistische Presse unterlag des öfteren Verboten. So konnte die „Ham-burger Volkszeitung“ 1928 zwei, 1929 drei, 1930 viereinhalb, 1931 dreizehn und 1932 zweieinhalb Wochen nicht erscheinen. Vor Gericht wurden Kommunisten weitaus härter bestraft als angeklagte Nazis. Die Erfahrungen mit der Klassenjustiz auch in sozialdemokratisch regierten Landesteilen bestätigten in den Augen vieler Kommunistinnen und Kommunisten die Vorstellung, dass die sozialdemokratische Führung mit ihrer Politik objektiv die Faschisten unterstützte. Das trug dazu bei, die von der faschisti-schen Bewegung ausgehende Gefahr zu unterschätzen.

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Roter Frontkämpferbund (RFB): RFB-Uniform, Abzeichen, Mitgliedsbücher und eine Schalmei


19: Vitrine XVIII
Altonaer Blutsonntag und Papen-Staatsstreich

Für Sonntag, den 17. Juli 1932, hatte der sozialdemokratische Polizeipräsident von Altona Otto Eggerstedt trotz vorheriger Warnungen aus der Bevölkerung einen Naziaufmarsch genehmigt. Als 7000 SA-Männer durch Arbeiterviertel von Altona zogen, kam es zu schweren Auseinandersetzungen, bei denen - vor allem durch Schüsse der Polizei - 18 zumeist unbeteiligte Menschen den Tod fanden. Die Reichsregierung unter Franz von Papen nahm dies als Vorwand, die sozialdemokratische Regierung in Preußen aufzulösen und wichtige Positionen in Verwaltung und Polizei mit reaktionär eingestellten Personen zu besetzen. Die SPD-Führung beugte sich der Gewalt und lehnte die von der KPD vorgeschla-genen Massenaktionen ab. Statt dessen rief sie - ohne Erfolg - das Reichsgericht an und räumte kampflos ihre Positionen. Dieser Staatsstreich war ein bedeutender Schritt bei der Unterminierung der Weimarer Republik durch reaktionäre und faschistische Kräfte.

Hamburger Reeder setzt sich für Hitler ein.

Im November 1932 verlor die NSDAP bei den Reichstagswahlen 2 Millionen Stimmen, während die KPD erstmals mit 100 Abgeordneten in den Reichstag einzog. Industrielle, Bankiers und Großagrarier forderten daraufhin von Hindenburg, Hitler zum Reichskanzler zu berufen, darunter auch der Hamburger Reeder und spätere Nazibürgermeister Carl Vincent Krogmann. In gleichlautenden Schreiben erklärten sie: "Mit Eurer Exzellenz bejahen wir die Notwendigkeit einer vom parlamentarischen Parteiwe-sen unabhängigen Regierung, [...] Die Übertragung der verantwortlichen Leitung eines mit den besten sachlichen und persönlichen Kräften ausgestatteten Präsidialkabinetts an den Führer der größten nationalen Gruppe wird die Schlacken und Fehler, die jeder Massenbewegung notgedrungen anhaften, aus-merzen und Millionen Menschen, die heute noch abseits stehen, zu bejahender Kraft mitreissen."

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Zeitungsauschnitt der Hamburger Volkszeitung zum Altonaer Blutsonntag


10: Tafel I
7. Februar 1933: Illegale KPD-Tagung in Ziegenhals

Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Die KPD bereitete sich auf die Illegalität vor; zugleich versuchte sie im Wahlkampf zu den für den 5. März angesetzten Reichstagswahlen die noch verbliebenen legalen Möglichkeiten zu nutzen.

Am 7. Februar fand im Sportlokal Ziegenhals (siehe Foto) eine vom Politbüro einberufene illegale Funktionärskonferenz der KPD statt, auf der Ernst Thälmann das Referat hielt. In dieser Rede ging er u.a. auf die Frage ein, warum die Machtübergabe an die Faschisten nicht verhindert werden konnte und meinte: „Wenn wir nicht mehr erreichen konnten, so deshalb, weil wir den Einfluss der SPD- und ADGB-Führer sowie der christlichen Gewerkschaftsführer auf breite Arbeitermassen nicht in dem er-forderlichen Maße zu liquidieren vermochten.“ Als entscheidende Aufgabe für den Sturz des Hitlerre-gimes nannte er die Auslösung einer „Kette ununterbrochener, miteinander verflochtener und sich ge-genseitig ablösender Aktionen, die Entfaltung aller Formen des Massenwiderstandes“. In Hinblick auf die politischen Ziele der KPD betonte Thälmann: „Wir stellen die Frage des Kampfes für den Sturz der Hitlerregierung ... wir stellen sie heute, ... morgen, übermorgen, ... ohne dass wir unter allen Umständen zu 100 Prozent sagen können, dass, wenn uns der Sturz der faschistischen Diktatur gelingt, dies schon mit dem Sieg der proletarischen Revolution direkt verbunden ist.“ Aus Sicherheitsgründen musste die Konferenz vorzeitig abgebrochen werden.

Als drei Wochen später am 27. Februar der Reichstag in Brand gesteckt wurde, erklärte Hitler ihn als „ein von Gott gegebenes Zeichen“, um die Kommunisten „mit eiserner Faust zu vernichten“. Die Faschisten eröffneten einen Terrorfeldzug gegen die KPD und alle anderen antifaschistischen Kräfte. Noch in der Brandnacht wurden in ganz Deutschland mehr als 10.000 Mitglieder der KPD, der SPD und bürgerliche Demokraten verhaftet. Einen Tag später trat eine Notverordnung des Reichspräsidenten „zum Schutze von Volk und Staat“ in Kraft, die die in der Weimarer Verfassung verbürgten demokratischen Grundrechte beseitigte. Trotz aller Verfolgungsmaßnahmen und massiver antikommunistischere Propaganda der Faschisten erhielt die KPD bei den Reichstagswahlen am 5. März 4,8 Millionen Stimmen; vier Tage später annullierte die Hitlerregierung die 81 KPD-Mandate. In Hamburg hatten die beiden Arbeiterparteien zusammen 365.081 Stimmen erhalten und damit mehr als die NSDAP mit ihren 318.747 Stimmen.

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Ziegenhals


21: Vitrine XIX
Faschismus an der Macht

Zwei Tage vor der Reichstagswahl fiel Ernst Thälmann der Polizei in die Hände. Nach der Machtübertragung an Hitler im Januar 1933 hatten die Faschisten begonnen, ihren Herrschafts- und Terrorapparat auszubauen. Von März bis Juli 1933 wurden allein in Hamburg ca. 2400 Kommunisten in „Schutzhaft“ genommen. Bereits Ende März 1933 hatte die Hamburger Polizei in der stillgelegten Torfverwertungsfabrik Wittmoor ein „Konzentrationslager für Kommunisten“ eingerichtet, das bis zum Oktober bestand. In der Strafanstalt Fuhlsbüttel wurden ebenfalls Schutzhäftlinge der Staatspolizei untergebracht, die zunächst von den alten Justizbeamten bewacht wurden. Unter Karl Kaufmann, Gauleiter der NSDAP und neuer Reichsstatthalter von Hamburg, übernahm im August 1933 die 28. SS-Standarte mit Sturmführer Willi Dusenschön die Bewachung im Konzentrationslager Fuhlsbüttel. Nunmehr waren, wie auch Willi Bredel in seinem Roman „Die Prüfung“ 1934 festgehalten hat, Misshandlungen und Folter an der Tagesordnung. Dieses KZ, von den Häftlingen bald KolaFu genannt, blieb bis Kriegsende 1945 ein Ort des Schreckens.

Mit dem „Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror“, das die KPD im Ausland drucken ließ, wurden die Verbrechen der neuen faschistischen Regierung in Deutschland international bekannt gemacht.

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Am 2. Juni 1933 verurteilte ein Sondergericht die vier Hamburger Antifaschisten August Lütgens, Bruno Tesch, Karl Wolff und Walter Möller zum Tode und ließ sie am 1. August 1933 in Altona hinrichten.
Willkürlich wurden sie für den Tod zweier SA-Männer beim Altonaer Blutsonntag verantwortlich gemacht. Beweise dafür gab es nicht. Sie waren die ersten Blutopfer der gleichgeschalteten Justiz in Deutschland.
Die Urteile wurden erst 1993 von der Hamburger Justiz aufgehoben, nachdem der Landesverband der VVN-BdA und andere Initiativen dies viele Jahre gefordert hatten.
Seit 1987 trägt eine Gesamtschule in Altona den Namen „Bruno-Tesch-Schule“.


22: Vitrine XX
Thälmanns Verhöre und Verbindungen nach draußen

Die Berliner Polizei verhaftete Ernst Thälmann am 3. März 1933 - zwei Tage vor seiner für den 5. März vorbereiteten Flucht ins Ausland. Er wurde ins Polizeipräsidium am Alexanderplatz gebracht und im dortigen Polizeigefängnis eingekerkert. Im Mai kam er in das Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit. Alle Versuche, durch Verhöre Thälmanns juristisch verwertbares Belastungsmaterial zu produzieren, scheiterten. Daher war er im Januar 1934 in der Gestapo-Zentrale Prinz- Albrecht-Straße zwei Wochen lang schweren Folterungen und Misshandlungen ausgesetzt, die ebenfalls keine Ergebnisse brachten.

Nachdem Rosa Thälmann Ende April 1933 die Erlaubnis erstritten hatte, ihren inhaftierten Mann zu besuchen, gelangten Informationen des Gefangenen nach draußen, etwa über die Misshandlungen durch die Gestapo. In den Jahren 1936 bis 1939 kam der Parteikurier Walter Trautzsch zwanzig Mal aus dem Ausland zu Rosa Thälmann, um über sie Nachrichten des ZK der KPD an den Parteivorsitzenden zu übermitteln und dessen politische Stellungnahmen entgegenzunehmen. Als Rosa Thälmann 1937 schwer erkrankte, beteiligte sich die inzwischen siebzehnjährige Tochter Irma an dieser Aufgabe. Später schmuggelte sie 22 Hefte ihres Vaters mit Aufzeichnungen aus den Jahren 1937 bis 1943 nach draußen.

Als die Gestapo im Frühjahr 1937 alle Briefe Thälmanns an Angehörige beschlagnahmt und verfügt hatte, dass seine Frau künftige Post nur noch bei der Polizei lesen dürfe, protestierte Thälmann scharf gegen diese psychische Folter und stellte seinen Briefverkehr ein: Er schreibe nur an seine Frau und nicht für die Gestapo.

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Rosa Thälmann, geb. Koch,
Frau von Ernst Thälmann

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Irma Thälmann,
Tochter von Ernst Thälmann


23: Vitrine XXI
Internationale Solidarität

Nachdem Georgi Dimitroff sich erfolgreich im Reichstagsbrandprozess verteidigt hatte, hoffte Thälmann auf ähnliche Möglichkeiten öffentlichen Auftretens in dem von den Faschisten gegen ihn eingelei-teten Verfahren und bereitete sich sorgfältig darauf vor. Im Herbst 1935 floh Thälmanns Offizialverteidiger Dr. Friedrich Roetter ins Ausland und machte dort den Text der Anklageschrift gegen seinen Mandanten bekannt. Roetter war als Verteidiger Thälmanns selbst in Konflikt mit dem Volksgerichtshof geraten, einige Monate inhaftiert gewesen und aus dem Anwaltsstand ausgeschlossen worden. Die Naziführung ließ 1935 den Prozess gegen den KPD-Vorsitzenden fallen. 1937 wurde Thälmann von Berlin in das Gerichtsgefängnis Hannover überführt.

International kam es zu einer breiten Solidaritätsbewegung für die Freilassung Ernst Thälmanns und anderer gefangener Hitlergegner. Ein Zentrum dieser Bewegung war das Frankreich der Volksfront, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern und den USA fanden Aktionen statt. Gleichzeitig wurde über die Politik des faschistischen Deutschlands aufgeklärt und versucht, die Weltöffentlichkeit zu Aktivitäten gegen Hitlerdeutschland zu bewegen.

Der französische Jurist und Kommunist Pierre Kaldor nahm im August 1935 an einem Internationalen Strafrechtskongress in Berlin teil und konnte dort bei einer Besichtigung des Untersuchungsgefängnisses Thälmann während seiner Freistunde sehen. Im November des Jahres versuchte Kaldor im Auftrag des Thälmann-Befreiungskomitees und der Internationalen Juristenvereinigung mit dem Volksgerichtshof über eine Ausweisung Thälmanns nach Frankreich zu verhandeln. Die Gestapo kam in sein Hotel und forderte ihn zur sofortigen Abreise nach Paris auf.

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In New York gedruckte Solidaritätsbroschüre von 1934.


24: Vitrine XXII
Hamburger Widerstandskämpfer im Konzentrationslager und Zuchthaus

In den faschistischen KZ ordnete die SS-Lagerführung den verschiedenen Verfolgtengruppen jeweils Winkel mit bestimmter Farbe zu. Die politischen Häftlinge erhielten einen roten Winkel. Der Hamburger Kommunist Harry Naujoks (zu sehen ist seine Häftlingsmütze) war von 1939 bis 1942 „Lagerältester“ im KZ Sachsenhausen und versuchte mit seinen Kameraden das Überleben der Mitgefangenen zu organisieren. Nach 1945 war er Vorsitzender der KPD in Hamburg und 1969 Mitbegründer der Gedenkstätte Ernst Thälmann. Zeugnisse der Selbstbehauptung politischer Häftlinge in verschiedenen KZ sind Briefe, Gedichte und Zeichnungen von Albin Stobwasser und Willi Schulz sowie ein hölzernes Schachspiel von Robert Finnern. Ebenso belegen die von Gefangenen auf Brotdosen eingeritzten Botschaften aus dem KZ Börgermoor, wo das Moorsoldatenlied entstand, die Widerstandskraft der Häftlinge, die zum großen Teil aus der Arbeiterschaft kamen. Auf einer der Dosen ist eine Zeile aus dem von Bernhard Bästlein mitverfassten Sachsenhausenlied zu lesen: „Wir wissen, dass nach dieser Not uns leuchtet hell das Morgenrot.“ Der Harburger Kommunist Felix Plewa, der ein Holzkästchen im KZ Börgermoor anfertigte, wurde 1942 als Soldat im Fliegerhorst Uetersen verhaftet, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und 1943 in Plötzensee hingerichtet. Während seiner Haft im KZ Fuhlsbüttel entstanden von Albert Friedrichs zwei auf Toilettenpapier gezeichnete Selbstbildnisse und die Skizze einer Zuchthauszelle. Er war als Funktionär der KPD und des RFB wegen „hochverräterischer Handlungen“ im April 1933 vom Reichsgericht in Leipzig zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Nach 1945 war Friedrichs in verschiedenen Funktionen der Hamburger KPD tätig und Gründungsmitglied der Gedenkstätte Ernst Thälmann.

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Selbstporträt Albert Friedrichs


25: Vitrine XXIII
Fiete Schulze

Die Ausstellungsstücke in dieser Vitrine sind vor allem dem Arbeiterfunktionär Fiete Schulze gewidmet. Daneben enthält sie die Personalakten des Hamburger Kommunisten Paul Schwarzkopf über seine zwölfjährige Haft. Auf einer Tafel über der Vitrine werden Dokumente zum KZ Neuengamme gezeigt, darunter über die Ausbeutung der Häftlinge als Arbeitssklaven der SS.

Fiete Schulze wurde am 21. Oktober 1894 in Schiffbek geboren. Er arbeitete als Nieter auf einer Hamburger Werft und trat 1913 in die SPD ein. Nach Krieg und Novemberrevolution schloss er sich der USPD an, deren Mehrheit sich 1920 mit der KPD vereinigte. Als Kampfgefährte Ernst Thälmanns leitete Schulze 1923 die Schiffbeker Aktivitäten im Hamburger Oktoberaufstand. Nach Flucht und Emigration kehrte er 1932 nach Hamburg zurück und organisierte mit seinen Genossen den Widerstand gegen den faschistischen Terror. Im April 1933 wurde er festgenommen und nach langer Einzelhaft und Folter im März 1935 dreimal zum Tode und zu 280 Jahren Zuchthaus verurteilt. In einem Abschiedsbrief an seine Schwester schrieb Fiete Schulze: "Du haderst mit den Verhältnissen, die Dir den Bruder nehmen. Warum willst Du nicht verstehen, dass ich dafür sterbe, dass viele nicht mehr eines frühen und gewaltsamen Todes zu sterben brauchen? Noch ist es nicht so, doch hilft mein Leben und Sterben es bessern." Im Hof des Hamburger Untersuchungsgefängnisses wurde er am 6. Juni 1935 mit dem Handbeil enthauptet.

Erst 46 Jahre später, 1981, hob die Staatsanwaltschaft beim Hanseatischen Oberlandesgericht auf Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes das Todesurteil gegen Fiete Schulze auf. 1970 hatte er im Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof an der Seite seiner Kameraden seine letzte Ruhestätte erhalten.

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Dieses Foto zeigt eine dänische Frauenabordnung, die am 20. Juni 1935 an Fiete Schulzes Grab einen Kranz niederlegte.
So ehrten sie öffentlich den Ermordeten und bekundeten ihre Solidarität mit dem deutschen Widerstand gegen den faschistischen Terror.


26: Tafel II
Zum ehrenden Gedenken an die Mitglieder der Bürgerschaft,
die 1933 - 1945 Opfer nationalsozialistischer Verfolgung wurden

Dr. Kurt Adams, MdHB 1924 - 1933, SPD.
Geb. 15.12.1889 in Hamburg, Studienrat
Gest. 07.10.1944 im KZ Buchenwald umgekommen
Etkar André, MdHB 1921, KPD
Geb. 17.1.1894 in Aachen, Hafenarbeiter
Gest. 04.11.1936 in Hamburg hingerichtet
Bernhard Bästlein, MdHB 1921, KPD
Geb. 3.12.1894 in Hamburg, Feinmechaniker
Gest.18.9.1944 in Brandenburg hingerichtet
Adolf Biedermann, MdHB 1919 - 1927, MdR, SPD
Geb. 30.3.1881 in Hamburg, Angestellter
Gest.11.5.1933 neben Bahngleisen bei Recklinghausen ermordet aufgefunden
Gustav Brandt, MdHB 1931 - 1933, KPD
Geb. 4.4.1894 in Wolsdorf Kr. Elbing, Seemann
Gest. Im Frühjahr 1945 auf dem Transport vom Zuchthaus Werl nach Celle von der SS erschossen
Valentin Ernst Burchard, MdHB 1932/33, Deutsche Staatspartei
Geb. 26.1.1891 in Hamburg, Kaufmann
Gest. 08.11.1941 nach Minsk deportiert, verschollen
Max Eichholz, MdHB 1920 - 1933, DDP/DStP
Geb. 3.12.1881 in Hamburg, Rechtsanwalt
Gest. 11.1.1943 im KZ Auschwitz ermordet
Hugo Eickhoff, MdHB 1931 - 1933, KPD
Geb. 26.9.1906 in Hamburg, Angestellter
Gest.15.12.1944 im Sonderbataillon „Dirlewanger“ in Forsani, Rumänien, gefallen
Dr. Theodor Haubach, MdHB 1927 - 1929, SPD
Geb. 15.9.1896 in Frankfurt/M., Journalist
Gest. 23.1.1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet
Wilhelm Heidsiek, MdHB 1933, SPD
Geb. 4.1.1888 in Cuxhaven, Journalist
Gest. 7.11.1944 im KZ Neuengamme umgekommen
Ernst Henning, MdHB 1928 - 1931, KPD
Geb. 12.10.1892 in Magdeburg, Former
Auf der Heimfahrt von Kirchwerder nach Bergedorf durch SA-Leute am 14.3.1931 erschossen
Hermann Hoefer, MdHB 1928 - 1931, KPD
Geb. 21.8.1868 in Hamburg, Lehrer
Gest. 13.12.1945 in Hamburg an Haftfolgen gestorben
Franz Jacob, MdHB 1932/33, KPD
Geb. 9.8.1906 in Hamburg, Schlosser
Gest. 18.9.1944 in Brandenburg hingerichtet
Fritz Lux, MdHB 1928 - 1933, KPD
Geb. 28.9.1892 in Imten Kr. Wehlau, Hafenar-beiter
Erlag den Misshandlungen im KZ Fuhlsbüttel am 6.11.1933
Adolf Panzner, MdHB 1931, KPD
Geb. 4.8.1892 in Hamburg, Angestellter
Gest. 6.2.1944 in Hamburg gestorben an Haftfolgen
Fritz Simon Reich, MdHB 1927 - 1928, Reichspartei des deutschen Mittelstandes
Geb. 31.8.1868 in Königsberg, Makler
Gest. 31.5.1944 im KZ Theresienstadt umgekommen
August Schmidt, MdHB 1928 - 1931, KPD
Geb. 13.7.1884 in Königsaue, Werftarbeiter
Gest. 3.8.1939 in Hamburg gestorben an Haftfolgen
Otto Schumann, MdHB 1931 - 1933, SPD
Geb. 5.11.1888 in Magdeburg, Angestellter
Gest. 3.5.1945 als Neuengamme-Häftling in der Lübecker Bucht ertrunken („Cap Arcona“)
Theodor Skorzisko, MdHB 1931/32, KPD
Geb. 9.9.1899 in Raschlowitz, Elektromonteur
Emigrant in Frankreich, seit 10.5.1940 verschollen
Ernst Thälmann, MdHB 1919 - 1933, MdR, KPD
Geb. 16.4.1886 in Hamburg, Transportarbeiter
Gest. 18.8.1944 im KZ Buchenwald ermordet
Hans Westermann, MdHB 1928 - 1930, KPD
Geb. 17.7.1890 in Hamburg, Schneider
Gest.16.3.1935 im KZ Fuhlsbüttel ermordet


27: Tafel III
Zum ehrenden Gedenken an kommunistische Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, die seit 1937 in der UdSSR umgekommen oder verschollen sind

Paul Dietrich, MdHB 1924 - 1927, MdR 1928 - 1930,
Geboren am 6. November 1889 in Großvargula / Thüringen, Lehrer.
1912 SPD, 1918 USPD, 1920 KPD. 1924 Chefredakteur der „Hamburger Volkszeitung“, 1925 - 1927 Sekretär Ernst Thälmanns, Mitglied des ZK der KPD. Seit 1934 im Saargebiet, in Basel, Amsterdam, Paris tätig. 1936 in die UdSSR, Redakteur in Leningrad.
1937 festgenommen, in einem Lager umgekommen

Hans Kippenberger, MdHB 1924 - 1925, MdR 1928 - 1933,
Geboren am 15. Januar 1898 in Leipzig, Bankangestellter.
1918 USPD, 1920 KPD. 1923 führend am Hamburger Aufstand beteiligt. 1928 - 1933 Leiter des militärpolitischen Apparates des ZK der KPD. 1929 Kandidat des ZK der KPD. Seit 1933 in Paris, ab 1934 in Moskau tätig
1936 verhaftet, 1937 Todesurteil, am 3. Oktober 1937 erschossen.

Alfred Levy, MdHB 1921 - 1927,
Geboren am 6. Januar 1885 in Hamburg, Schriftsetzer.
1919 als Schwerkriegsbeschädigter beim Arbeitsamt angestellt. 1904 SPD, 1918 USPD, 1919 KPD (1927 vorübergehend Austritt). 1923 Teilnahme am Hamburger Aufstand, Festungshaft. Redakteur der „Knochenmühle“, KPD-Betriebszeitung für Blohm & Voss. 1933 festgenommen und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. 1936 Emigration in die UdSSR.
Im März 1938 verhaftet, erschossen am 28. Mai 1938 in Butowo bei Moskau.

Heinrich Meyer, MdHB 1931 - 1932,
Geboren am 22. Mai 1904 in Hamburg, Lehrer.
1922 KPD. 1929 - 1931 Chefredakteur der „Hamburger Volkszeitung“. 1932 Leiter der Abteilung Agitation und Propaganda im ZK der KPD. Ende 1932 Festnahme, 1933 Schutzhaft im KZ, 1934 entlassen. 1935 Emigration in die UdSSR, Mitarbeiter des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale.
1937 verhaftet, 3. September 1938 Todesurteil durch ein sowjetisches Sondergericht. Erschossen am 3. September 1938 in Butowo bei Moskau.

Willy Presche, MdHB 1926 - 1931,
Geboren am 1. Dezember 1888 in Berlin, Schlosser.
1918 USPD, 1920 KPD. Seit Mitte der zwanziger Jahre Mitglied der Bezirksleitung Wasserkannte der KPD, dort Mitarbeiter im militärpolitischen Apparat, 1930 in Berlin. 1931 in die UdSSR.
1937 in Odessa verhaftet. Todestag und -ort nicht bekannt.  

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28: Vitrine XXIV
Illegale Arbeit der KPD

Nach dem Machtantritt Hitlers hatte die letzte legale Bezirksleitung der KPD die Hamburger Parteiorganisation in den Untergrund geführt. 1934 betrug die Mitgliederstärke der KPD in Hamburg etwa 4000 Personen, von denen ca. 3000 Beiträge zahlten. Aus Sicherheitsgründen und aufgrund zahlreicher Verhaftungen mussten die lokalen Organisationsstrukturen mehrmals neu aufgebaut werden; die Bezirksleitung wurde bis zum Herbst 1935 siebenmal umgebildet.

Vom 25. Juli bis zum 29. August 1935 fand in Moskau der VII. Weltkongress der KI statt, bei dem 65 Parteien vertreten waren. Von den 76 Parteien, die der KI angehörten, waren damals 50 illegal. Aus der Niederlage der deutschen Arbeiterklasse unter dem Faschismus entwickelte der Kongress eine neue Sicht von Aktionseinheit- und Volksfrontpolitik - zum Sturz des Faschismus sollte die Zusammenarbeit mit sozialdemokratischen und bürgerlich-liberalen Kräften verwirklicht werden. Auf einer Parteikonfe-renz der KPD im Oktober 1935 in Moskau - Brüsseler Konferenz genannt - werteten die Delegierten die Beschlüsse des VII. Weltkongresses aus. Für die Haftzeit Thälmanns wurde Wilhelm Pieck zum Vorsitzenden der KPD gewählt. Auf der Konferenz wurde beschlossen, die Bezirksleitungen in das je-weils angrenzende Ausland zu verlegen; für Hamburg war nunmehr die Abschnittsleitung Nord (ALN) in Kopenhagen zuständig. Eine weitere Parteikonferenz fand Anfang 1939 südlich von Paris statt - die sogenannte Berner Konferenz -, auf der Vorschläge für den Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung in Deutschland nach dem Sturz des Faschismus entwickelt wurden. Diese beiden Konferenzen wurden von der KPD später als 13. und 14. Parteitag gezählt.

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Tarnschrift „Kakteenpflege“ mit Dokumenten der Brüsseler Parteikonferenz der KPD im Oktober 1935.
Programmatische Schriften und Dokumente, wie sie in dieser Vitrine zu sehen sind, wurden von der KPD im Exil
als Tarnschriften mit einem unverfänglichen Titel gedruckt, um sie illegal im Deutschen Reich zu verbreiten.


29: Tafel
Männer und Frauen aus dem Hamburger Widerstand

In einer 1968 von der Vereinigten Arbeitsgemeinschaft der Naziverfolgten (VAN) herausgegebenen "Totenliste Hamburger Widerstandskämpfer und Verfolgter 1933-1945" werden die Namen von 1774 Männern und Frauen genannt, die ihren Einsatz gegen Hitler und Krieg mit dem Leben bezahlten, sowie 59 Hamburger, die in den Jahren 1945 bis 1949 an den Folgen der Haft starben. Weiter sind nach gleicher Quelle bis März 1947 in Hamburg 12119 Männer und Frauen als politische Gegner des Naziregimes anerkannt worden. In dem vom Staatsarchiv 1995 herausgegebenen Gedenkbuch „Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus“ wird die Gesamtzahl der Opfer, die aufgrund jüdischer Herkunft verfolgt wurden und den Tod erlitten, mit 8877 angegeben.

In Hamburg wie im gesamten Reich kam die Mehrheit der Widerstandskämpfer aus der organisierten Arbeiterbewegung. Auf unserer Gedenktafel wird durch Fotos und andere Dokumente an 20 der ermordeten Hamburger Antifaschisten erinnert. Im Unterschied zur Anordnung auf der Tafel werden sie hier in alphabetischer Reihenfolge genannt.

* ROBERT ABSHAGEN, KPD, 1944 hingerichtet in Hamburg * ETKAR ANDRÉ, KPD, 1936 hingerichtet in Hamburg * BERNHARD BÄSTLEIN, KPD, 1944 hingerichtet in Brandenburg * DAGOBERT BIERMANN, KPD, 1943 umgekommen im KZ Auschwitz * FRANZ BOBZIEN, SAP, 1941 umgekommen im KZ Sachsenhausen * HEIN BRETSCHNEIDER, KPD, 1944 hingerichtet in Hamburg * ELISABETH BRUHN, KPD, 1944 gehenkt im KZ Neuengamme * GUSTAV BRUHN, KPD, 1944 gehenkt im KZ Neuengamme * HANS CHRISTOFFERS, KPD, 1942 umgekommen in Wietzendorf * ERIKA ETTER, KJVD, 1945 gehenkt im KZ Neuengamme * THEODOR HAUBACH, SPD, 1945 gehenkt in Berlin-Plötzensee * HANS HORNBERGER, KPD, 1944 gehenkt im KZ Neuengamme * FRANZ JACOB, KPD, 1944 hingerichtet in Brandenburg * RUDOLF KLUG, KPD, 1944 erschossen bei Narvik * KÄTHE LATZKE, KPD, 1945 umgekommen im KZ Ravensbrück * HANS LEIPELT, Weiße Rose, 1945 hingerichtet in München-Stadelheim * FELIX PLEWA, KPD, 1943 hingerichtet in Berlin-Plötzensee * LISBETH ROSE, KJVD, 1945 hingerichtet in Berlin-Plötzensee * RICHARD SCHÖNFELD, KPD, 1945 umgekommen im KZ Neuengamme * WILHELM STEIN, KPD, 1944 hingerichtet in Hamburg

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30: Vitrine XXV
Illegal in Norddeutschland verbreitete Zeitungen

Der Kampf gegen die wachsende Kriegsgefahr nahm in der illegalen Arbeit der KPD einen hohen Stellenwert ein. In den hier gezeigten Zeitungen werden die verschärfte Aufrüstung und der militarisierte Arbeitsdienst angeprangert und vor der drohenden Katastrophe eines neuen Krieges gewarnt. Die Abschnittsleitung Nord der KPD (ALN) in Kopenhagen gab zahlreiche solche Flugblätter und Schriften heraus, die durch ALN-Kuriere, durch skandinavische Seeleute, durch die Post an Deckadressen und auf anderen Wegen nach Norddeutschland gebracht und dort unter großer Gefahr verbreitet wurden.

In der „Hamburger Volkszeitung“ vom April 1935 wurde über Kundgebungen in Schweden und Norwegen für die Freilassung des Hamburger Kommunisten Fiete Schulze berichtet. Die „Deutsche Metallarbeiterzeitung“ vom April 1936 rief auf: „Macht endlich Schluss mit der Spaltung! Schließt dicht die Reihen zum gemeinsamen Kampf gegen die faschistische Diktatur.“

Über das Auftreten des Hamburger Kommunisten Etkar André vor Gericht berichtete das KPD-Organ „Norddeutsche Volkszeitung“ 1938 - zwei Jahre nach seiner Hinrichtung: „... er machte einige Richter schwankend in ihrem Auftrage: Er erzwang die Anerkennung seiner Todfeinde für sich. Die einen aus der Meute der seinen Kopf fordernden Anhänger Hitlers bewunderten seine kühne Haltung, wurden nachdenklich, verglichen ihn mit ihren ‘Führern’ und wurden sehend; die anderen, die Richter, sahen sich außerstande, diesen edlen, kühnen, selbstlosen Menschen gegen alles Recht, gegen ihre Überzeugung zum Tode zu verurteilen. Er zwang die einen, die beabsichtigte Hinrichtung als Mord zu erkennen und die anderen, die schon erhobene Mordwaffe fallen zu lassen. Ein tagelanger Kampf zwischen diesen Richtern und der braunen Partei entbrannte. Sie stritten um den Kopf Edgars. Es siegte die Rache.“

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Mit selbstgebauten Empfängern, wie dem des Arbeiterradiobastlers E. Fröbe,
wurden Sendungen aus Moskau und dem Londoner BBC empfangen und weitergegeben.


31: Blick in den rechten Flügel des Ausstellungsraumes
- Lehrlingsgruppe um Helmuth Hübener

Helmuth Hübener, geb. 1925 in Hamburg, war Sohn einer Arbeiterin und Angehöriger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), aber auch der Hitlerjugend. Geprägt hatten ihn Freundeskreise in Hammerbrook und Altona, mit denen er sich gegen den HJ-Drill und den Antisemitismus auflehnte. Gemeinsam mit christlichen und kommunistischen Jugendlichen hörte er regelmäßig ausländische Rundfunksender ab. Mit seinen Freunden aus der Kirche, dem Malergesellen Karl-Heinz Schnibbe und dem Schlosserlehrling Rudolf Wobbe, sowie dem Arbeitskollegen aus der Sozialbehörde im Biberhaus, Gerhard Düwer, verbreitete er das Gehörte auf Streuzetteln weiter. Seit 1941 verfasste die Gruppe längere Flugblätter, um die Wehrmachtsberichte und Nachrichtensendungen zu korrigieren und zu kommentieren. Hübener konzipierte innerhalb von sechs Monaten über 20 Flugblätter. Seit Januar 1942 spionierte ihm ein Vorgesetzter nach, der ihn dann denunzierte. Anfang Februar verhaftet, wurden er und seine drei engsten später zu langer Haft verurteilten Mitkämpfer am 11. August vor dem Volksgerichtshof angeklagt. Hübener wurde zum Tode verurteilt und am 27. Oktober 1942 in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil ermordet, mit 17 Jahren das jüngste Todesopfer des Volksgerichtshofes. Der von ehemaligen Nazis durchsetzte Bundesgerichtshof sorgte Anfang der fünfziger Jahre für Strafbefreiung des Denunzianten Heinrich Mohns; die Mordrichter des VGH blieben aus „Krankheitsgründen“ ohne Strafe.

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Hier werden unter anderem Hamburger Interbrigadisten in Spanien und Zeugnisse zum Widerstand während des
Zweiten Weltkrieges in Hamburg vorgestellt. Rechts an der Wand ist ein Modell einer Entlüftungsanlage im
KZ Buchenwald zu sehen, in der Häftlinge einen Kurzwellensender installierten, mit dem sie am 8. April 1945 von
alliierten Truppen kurz vor ihrer Selbstbefreiung Hilfe anforderten.

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Auf dem Foto sind (von links) die drei Freunde Rudolf Wobbe, Helmuth H. und Karl-Heinz Schnibbe zu sehen
sowie die öffentliche Bekanntgabe der Hinrichtung Hübeners


32: Vitrine XXVI
Antifa-Schriften im Exil

Nach 1933 mussten viele Antinazis Deutschland verlassen und gingen ins Exil, aus Hamburg besonders nach Dänemark. Vor Beginn des Zweiten Weltkrieges sammelten sich viele von ihnen in Nachbarländern Deutschlands, wie z.B. in Frankreich und der Tschechoslowakei, aber auch in der Sowjetunion und anderen Ländern. Dort versuchten sie über die Verbrechen des Faschismus aufzuklären, Solidarität mit den Verfolgten zu organisieren und den Widerstand in Deutschland zu unterstützen. Sie gründeten eigene Verlage, in denen sie deutschsprachige antifaschistische Literatur und Zeitschriften herausgaben, wovon einige Exemplare in der Vitrine zu sehen sind.

In Paris veröffentlichten Rudolf Breitscheid (SPD), Wilhelm Pieck (KPD), Willi Brandt (SAP), Heinrich Mann, Anna Siemsen und andere im Dezember 1936 einen Aufruf zur Vorbereitung einer Deutschen Volksfront gegen den Faschismus. Ebenfalls 1936 erschien in einem Moskauer Verlag die erste Nummer der Literaturzeitschrift „Das Wort“, herausgegeben von Bertolt Brecht (z.Z. Dänemark), Lion Feuchtwanger (z.Z. Frankreich) und Willi Bredel (z.Z. Moskau). Diese Arbeit hatte auch das Ziel, der übrigen Welt das andere Deutschland zu zeigen: Nicht alle Deutschen sind Faschisten. So forderte z.B. Jürgen Kuczynski 1942 in London in seiner Schrift „Allies inside Germany?“ („Verbündete in Deutschland?“) die Schaffung einer zweiten Front durch die Westalliierten, um den Krieg schneller zu beenden.

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937 erschien in Paris erstmals die Zeitschrift „Freie deutsche Jugend - Diskussionsblätter für eine freie deutsche
Jugendbewegung“. Herausgeber war eine Arbeitsgemeinschaft von Funktionären der Sozialistischen Arbeiterjugend,
des Kommunistischen Jugendverbandes und des Sozialistischen Jugendverban-des, die - parallel zur deutschen
Volksfrontbewegung - ihre Hauptaufgabe in der Entwicklung einer Jugendbewegung sah, die alle Gruppen der
antifaschistischen Jugend, einschließlich der konfessionellen, umfasste.


33: Vitrine XXVII
Arbeiterwiderstand während des Krieges

n den Jahren 1939 und 1940 wurden eine Reihe kommunistischer Funktionäre aus dem KZ Sachsen-hausen entlassen, darunter die Hamburger Robert Abshagen, Bernhard Bästlein und Franz Jacob. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion begannen sie 1941 mit Oskar Reincke, Walter Bohne und Gustav Bruhn eine illegale Betriebszellen-Organisation aufzubauen, die bis zum Herbst 1942 in über 3o Werften und Fabriken Fuß fassen konnte und mit Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern zusammenwirkte. Bästlein, Jacob, Abshagen und Reincke, die sich als KPD-Bezirksleitung konstituiert hatten, standen durch ihren Berliner Sachsenhausen-Kameraden Wilhelm Guddorf in direkter Beziehung zur Berliner Gruppe der "Roten Kapelle". Ende 1941 verfassten Bästlein und Guddorf eine programmatische Schrift, in der sie als Hauptaufgaben formulierten: "Revolutionäre müssen da tätig sein, wo die Massen sind, d.h. 1. im Betrieb und 2. in der Armee." Die Bezirksleitung an der Wasserkante gab internes Kadermaterial heraus, richtete im Juni 1942 an die zur Organisation Todt Dienstverpflichteten ein "Merkblatt für Bauarbeiter" (s. Dok. oben links) und bereitete eine Feldpostbriefaktion für Wehrmachtangehörige vor. Nachdem die Gestapo die Verhaftungsaktion "Rote Kapelle" eingeleitet hatte, griff sie Mitte Oktober 1942 auch in Hamburg zu und nahm Bästlein und etwa 100 Mitstreiter fest. Franz Jacob konnte sich nach Berlin durchschlagen und setzte mit Anton Saefkow und anderen Kommunisten den organisierten Widerstand fort, dem sich nach seiner Flucht aus dem Zuchthaus Plötzensee auch Bernhard Bästlein anschloss. Die illegale KPD-Organisation in Berlin und Brandenburg bildete in über 50 Rüstungsbetrieben neue antifaschistische Kadergruppen und gab zahlreiche programmatische Schriften, Flugblätter sowie Soldatenbriefe heraus, die auf die Politik des Nationalkomitees "Freies Deutschland" orientierten. Einen Aufruf richtete sie anlässlich der Ermordung von Walter Bohne, Gustav Bruhn und Genossen "An alle Hamburger Kommunisten und revolutionären Arbeiter!" (s. Dok. oben rechts). Viele dieser Schriften brachte die als Kurierin tätige Genossin Charlotte Groß nach Hamburg. Im Juni 1944 trafen sich Saefkow und Jacob mit den sozialdemokratischen Politikern Julius Leber und Adolf Reichwein aus dem Kreisauer Kreis, um über gemeinsame Zielvorstellungen zu beraten. Einen Monat später ließ das Reichssicherheitshauptamt aus der Widerstandsorganisation der KPD mehr als 280 Mitstreiter verhaften. Von den in Hamburg seit 1942 Festgenommenen wurden über 60, von denen im Raum Berlin über 90 Männer und Frauen ermordet.

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34: Vitrine XXVIII
Sowjetische Zwangsarbeiterinnen in Hamburg

Ausgestellt sind hier in Moskau gedruckte Broschüren und Flugblätter für deutsche Soldaten und Kriegsgefangene, die Fahne einer Pioniereinheit der Roten Armee "4. Trupp Thälmann" sowie Fotos von sowjetischen Mädchen und jungen Frauen, die in Hamburg Zwangsarbeit leisten mussten. Die Zahl der insgesamt nach Hamburg verschleppten Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen wird nach hanse-atischen NS-Instanzen mit mehr als 400.000 angegeben. 1944 waren sogenannte Fremdarbeiterinnen und Fremdarbeiter sowie Kriegsgefangene aus vielen Ländern Europas bei rund 4000 Betrieben eingesetzt und in ca. 800 Lagern untergebracht. (Nach Auskünften von Friederike Littmann.)

Sechsundzwanzig junge Mädchen aus Dnjepropetrowsk und anderen Städten der Ukraine wurden 1941 nach Hamburg verschleppt. Sie mußten im Glimmerwerk Wilhelm Carsten am Winterhuder Marktplatz arbeiten und waren unter unzumutbaren Bedingungen untergebracht. Genossinnen aus Hamburg-Eppendorf versorgten die Zwangsarbeiterinnen illegal mit zusätzlichen Lebensmitteln und vor allem mit politischen Nachrichten über den Kriegsverlauf in der Sowjetunion. 1943, nach den schweren Bombenangriffen auf Hamburg, wurden die Mädchen und jungen Frauen nach Süddeutschland in andere Betrie-be gebracht. Zwei von ihnen, Olga und Larissa, sandten aus Haagen im Breisgau einer Hamburger Genossin ihre am 1. Mai 1944 in Lörrach aufgenommenen Fotos zum Andenken.

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35: Vitrine XXIX
Thälmanns Brief an einen Mitgefangenen

Ernst Thälmann wurde im August 1943 aus dem Gefängnis Hannover in das Zuchthaus Bautzen überführt. Auch hier blieb er in Einzelhaft. Anfang 1944 verfasste er seine Antwort auf Briefe eines jungen Mitgefangenen. Der umfangreiche Kassiber ist die letzte überlieferte Niederschrift Thälmanns und hat den Charakter eines politischen Testaments:

„...Es gibt eine historische Wahrheit, das heißt eine notwendige Übereinstimmung der feststellbaren Tatsache mit ihrer Darstellung. Es gibt ein politisches Gewissen, welches fordert, dieser Wahrheit zu dienen. Die Wahrheit lässt sich auf die Dauer nicht verfälschen, es gibt nichts Unerbitterlicheres als die Tatsachen. Bedenke immer, dass unser Gewissen gut und rein ist; es ist nicht belastet gegenüber dem schaffenden deutschen Volke, zum Beispiel mit Kriegsverbrechen, imperialistischer Räuberpolitik, Tyrannei, Terror, Diktatur und Gewissenszwang, Unfreiheit und Willkür, Scheinsozialismus, faschistischen Rassentheorien, Rosenbergschen Philosophien, Arroganz, Hochmut, Prahlereien und sonstigen Dingen [...] Gewiss, wir sind auch keine reinen Unschuldsengel, die unbelastet und unbeschwert von allem dastehen. Auch wir haben in der Vergangenheit schwere und teilweise große politische Fehler gemacht, leider manches versäumt und unterlassen, was wir in dem verschlungenen Wirrwarr des Zeitgeschehens hätten tun müssen, um dem Faschismus den Weg zur Staatsmacht zu versperren. Wir haben unsere Fehler erkannt, durch Selbstkritik offen ausgesprochen, sie korrigiert und haben neue Wege auf dem Gebiet der Politik, der Propaganda und des Massenkampfes eingeschlagen. Da wir aber bis jetzt in Deutschland keine Vertreter in die Reichsregierung entsandt hatten und schon gar nicht als alleinige Staatspartei am Ruder waren, sind unsere Belastungen dem deutschen Volke gegenüber weniger schwer [...] Diese Tatsache und vieles andere, insbesondere aber unser unausgesetztes Opfer im Kampf gegen den Faschismus, sind und bleiben ein großes Plus für unsere Politik und haben uns Vertrauen gebracht. Der Größe eines politisch handelnden Menschen wird man nur dann ganz gerecht, wenn man ihn nicht allein danach beurteilt, was er erreicht, sondern auch danach, was er gewollt hat.“

 

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36: Voraussage Thälmanns über sein Schicksal in faschistischer Haft

"Wird man mich so ohne weiteres aus der Kerkerverbannung wieder in die große Welt zurückkehren lassen? Nein! Freiwillig ganz bestimmt nicht. Es besteht sogar die Wahrscheinlichkeit [...], dass bei einem für Deutschland gefahrvollen Vordringen der Sowjetarmeen und im Zusammenhang mit der damit verbundenen Verschlechterung der deutschen Gesamtkriegslage das nationalsozialistische Regime [...] nicht davor zurückschrecken (wird), Thälmann vorzeitig beiseite zu schaffen oder aber für immer zu erledigen." (Aus Kassiber Thälmanns an einen Mitgefangenen, Bautzen Januar 1944.)

Thälmann ist zu exekutieren

Notizzettel Himmlers für Besprechung mit Hitler am 14. August 1944 im "Führerhauptquartier Wolfsschanze" mit Vermerken über den Verlauf. (Abschrift):

Führer
Wolfsschanze 14. VIII. 44
Brief Bürckel

  1. Bedrohung Paris
  2. Brief Schulenburg. erledigt
  3. Versorgung der Hinterbliebenen.
  4. Verhaftung SPD- u. KPD-Bonzen.
  5. West. Kluge - Rommel
  6. Wirth.
  7. Brief General v. Schröder ...erledigt
  8. Brief v. Brauchitsch. erledigt
  9. Reichsschatzmeister Schwarz. Grüße bestellt
  10. Baumbach.
  11. Belohnung für Gördeler
  12. Thälmann. ist zu exekutieren

Mord im Konzentrationslager Buchenwald

In der Nacht zum 18. August 1944 wurde Ernst Thälmann in das KZ Buchenwald gebracht und dort nach seiner Ankunft im Krematorium erschossen. Obwohl das Reichssicherheitshauptamt strengste Geheimhaltung der Exekution befohlen hatte, begann unter den Häftlingen die Nachricht über Thälmanns Ermordung im Lager durchzusickern. Als das der SS bekannt wurde, trat die faschistische Führung die Flucht nach vorn an und ließ am 14. September über Presse und Rundfunk verbreiten, dass die früheren Reichstagsabgeordneten Thälmann und Breitscheid am 28. August 1944 in Buchenwald durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen seien. Rudolf Breitscheid, der 1936 als SPD-Politiker den "Aufruf für die deutsche Volksfront" mitunterzeichnet hatte, 1941 in Frankreich festgenommen und nach Buchenwald deportiert worden war, starb bei einem Bombenangriff auf neben dem KZ gelegene Rüstungswerke, aber vier Tage vor dem von den Nazis gemeldeten Datum.

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Thälmann...ist zu exekutieren
Notizzettel Himmlers für Besprechung mit Hitler am 14. August 1944
im"Führerhauptquartier Wolfsschanze" mit Vermerken über den Verlauf.


37: Vitrine XXX
Die Überlebenden - Aktivisten der ersten Stunde (1945/46)

Die Fotos und Dokumente zeigen aus den Konzentrationslagern und Zuchthäusern befreite Antifaschisten, ihre Kundgebungen, Veranstaltungen, Veröffentlichungen in Hamburg. Hervorzuheben sind zwei von je fünf Vertretern der SPD und KPD unterzeichnete Dokumente, das am 24. Juli 1945 herausgegebene Aktionsprogramm und der Aufruf an die Sozialdemokraten und Kommunisten Hamburgs vom 20. August 1945. Im letzteren heißt es, dass auf "der Grundlage gemeinsamen Handelns der sozialdemokratischen und der kommunistischen Genossen [...] die eine Sozialistische Partei entstehen" soll, denn: "Die blutige Lehre der 12jährigen Hitler-Diktatur im Innern, des Hitlerkrieges nach außen und seiner großen sozialen Umwälzungen heißt für alle schaffenden Männer und Frauen eindeutig: Einigkeit, Einheit und nie wieder Bruderkampf!" Beide Papiere sind u. a. von Karl Meitmann und Walter Schmedemann (SPD) sowie von Fiete Dettmann und Paul Tastesen (KPD) unterzeichnet.

Als Beauftragte des Komitees ehemaliger politischer Gefangener brachte Barbara Dollwetzel im Früh-sommer 1946 die Urnen von 26 im Zuchthaus Brandenburg hingerichteten Hamburger Widerstandskämpfern von Berlin in die Hansestadt. Zusammen mit der in Hamburg sichergestellten Urne Etkar Andrés trugen Überlebende sie am 4. September vom Sitz des Komitees in der Maria-Louisen-Straße 132 (Winterhude) in einem langen Trauerzug zum Rathaus, wo die Urnen drei Tage im Bürgersaal aufgebahrt wurden. Nach einer vom Komitee mit der SPD, KPD, CDU und FDP auf dem Ohlsdorfer Friedhof organisierten Massenkundgebung, bei der Walter Schmedemann für die SPD und Harry Naujoks für die KPD die ermordeten Antifaschisten gewürdigt hatten, fanden sie ihre letzte Ruhestätte neben dem Denkmal für die gefallenen Revolutionäre der Jahre 1918-1920. Das neue Gräberfeld an der Bergstraße wurde feierlich eingeweiht als Ehrenhain Hamburger Widerstandskämpfer.

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Trauerzug zum Rathaus am 4. Sept. 1946. In der Urnenträgergruppe vorn links: Albin Lüdke.
Erste Reihe von links: 2. Heinz Nilsson, 3. Harry Naujoks, 4. Erich (Vatti) Hoffmann, 5. Karl Meitmann
(SPD-Vorsitzender HH), 6. Fiete Dettmann (KPD-Vorsitzender HH).


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